Lungenkrebs
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Samstag, 6. September 2025

Manchmal ist es besser, nichts zu tun

Eine große, futuristische Skulptur namens "Molecular" des deutschen Künstlers Florian Hecker, aus transparentem, spiegelndem Material wie Glas oder Acryl, ist in der Nacht beleuchtet. Ihre spiralförmigen und rohrförmigen Elemente sind in einem Gittermuster angeordnet, das an eine komplexe Maschine erinnert. Das Kunstwerk reflektiert das blaue Licht einer gezielten Beleuchtung, die Teil einer Veranstaltung, möglicherweise einer Soundscape-Installation, im Garten der Neuen Nationalgalerie ist. Im Vordergrund sind dunkle, grobe Steine zu erkennen, die die Skulptur tragen.
 

Weg von den düsteren Gedanken. Hin zu Dingen, die ich erlebt und gefühlt habe, weil ich in letzter Zeit so wenig von meinem Alltag berichte: richtig gut sind die auch nicht, aber das erwartet hier, denke ich, niemand. Manches ist es doch wenigstens teilweise:

Donnerstag, 4. September 2025

Keinen suizidalen Kratzer

Ein rotes Rennrad, das im Vordergrund steht und den größten Teil des Bildes ausfüllt. Ein schwarzer Fahrradhelm mit gelben Streifen hängt am Lenker. Eine kleine schwarze Action-Kamera ist ebenfalls am Lenker befestigt. Der Lenker ist mit weißem Lenkerband umwickelt. Im Hintergrund ist ein heller Flur mit einer geschlossenen Tür zu sehen.

Letzte Woche habe ich mir einen Helm gekauft. Zum ersten Mal in meinem Leben besitze ich einen. Um etwas zu schützen, das längst nicht mehr schützenswert ist. Das Leben lässt einen schon merkwürdige Dinge tun.

Sonntag, 31. August 2025

Das Notstromaggregat

Eine abstrakte, dunkle Bronzeskulptur von zwei ineinander verschlungenen menschlichen Figuren, die vertikal in die Höhe und in den Boden ragen. Sie stehen in der S-Bahn-Station am Potsdamer Platz in Berlin auf einem runden Sockel vor einem modernen Gebäude mit Glasdach und einer Rolltreppe. Im Hintergrund ist ein Hochhaus zu sehen. An einer Betonwand daneben hängt ein großes Plakat mit der Aufschrift 'Einkaufen ist Genuss!'. Die Szene wirkt düster unter einem bewölkten Himmel.


Ich sah neulich wieder ein Pärchen, das in meinen Augen völlig armselig ist. Als Paar. Einzeln kenne ich sie nicht. Sie ist eine Plapperstrippe, dominant, bestimmt alles – von der Wohnungseinrichtung über die Katzen samt Namen bis hin zu den Büchern, die er lesen darf. Er eine Wurst, wie er dasaß und nicht den Mund aufbekam. Vielleicht ist er von Natur aus schüchtern. Vielleicht ist er erst über die Jahre so geworden. Schwer zu sagen. Jedenfalls: keine schöne, keine erstrebenswerte Beziehung. Nach meinen alten Maßstäben.

Mittwoch, 27. August 2025

Zu sich holen

 

Das Bild zeigt den Schriftsteller Giancarlo Pugliese am Grab von Wolfgang Herrndorf. Im Vordergrund eine angeschnittene braune Bierflasche. Giancarlo, auch bekannt als Victor Mancini, trägt Bart, Tattoos am rechten Unterarm und ein dunkles T-Shirt mit der Aufschrift ‚fontaines d.c.‘. Hinter ihm der Grabstein mit der Inschrift ‚WOLFGANG HERRNDORF‘ sowie den Lebensdaten ‚1965–2013‘, daneben Blumen. Im Hintergrund ein rotes Ziegelgebäude und Bäume.

Gestern war der 12. Todestag von Wolfgang Herrndorf. Wie jedes Jahr besuchte ich sein Grab, sprach mit den Blumen und dem Stein. Es tut gut, mit einem Toten zu sprechen. Besser als mit den Lebenden zurzeit.

Nicht, dass ich ihn gekannt hätte. Leider nicht. Oder zum Glück nicht. Wäre er nett und mir ein Freund gewesen, würde er mir heute fehlen. Wäre er mir unsympathisch gewesen, würde mir seine Literatur wohl nicht so gefallen, weniger bedeuten. So oder so setze ich mich einmal pro Jahr, an seinem Todestag, an sein Grab auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof und trinke ein Bier. Mit seinem Stein. So auch gestern.

Montag, 25. August 2025

LITERATUR ist mir geblieben XI: Akuter Stress vom Lesetreff

 

Auf einer Fensterbank stehen in einem weißen Topf eine verwelkte Pflanze mit langen, herunterhängenden Blättern. Daneben liegen zwei Bücher: "Hunchback" und "Denk dir die Stadt". Im Hintergrund ist die Straße mit modernen Gebäuden zu sehen, und die Sonne scheint.

Eine Leserin fragte mich, ob ich nicht die in Here comes the Prozac erwähnten Tricks verraten könnte, bei akuten Belastungsreaktionen oder Panik im Anflug. Gern teile ich sie mit euch, auch wenn wir hier nicht von Raketenwissenschaft reden. Es sind ganz einfache, dennoch sehr hilfreiche Tipps. Ihr habt sie bestimmt schon mal gehört – ich kannte sie, ehrlich gesagt, nicht:

Samstag, 23. August 2025

Here comes the Prozac

Verwittertes Warnschild an einer Felswand: ein stilisierter Mensch droht über eine Klippe zu stürzen.
 

Ich bin heute früh wach. Früher als sonst. Eher wie damals, als es mir noch richtig schlecht ging – im vergangenen Dezember und Januar. Vielleicht, weil gestern so ein komischer Tag war.

Morgens war ich in der Klinik, im ambulanten Versorgungszentrum der Onkologie, also da, wo ich einmal im Monat hingehe, um mich durchchecken zu lassen.

Donnerstag, 21. August 2025

Kognitives Massaker

Straßenszene in Berlin mit mehreren Radfahrern im Vordergrund, dahinter die Backsteinmauern und der Zaun der Justizvollzugsanstalt Moabit bei sonnigem Wetter.

Vieles geht mir durch den Kopf. Ein einziges Durcheinander da oben. Ich möchte euch daran teilhaben lassen. Vorgestern telefonierte ich mit meinem Freund D. Das ist der, mit dem ich neulich in Irland war. Ich erzählte ihm von meinen neuen Erkenntnissen über mich. Sie beunruhigen mich, gehören aber zugleich zu meinem neuen Leben. Kann nichts dagegen machen. Might as well accept and include them instead of pushing them away, wie man so schön sagt.

Dienstag, 19. August 2025

Selbsthilfe-Urlaub

Außenbereich des vietnamesischen Restaurants 'Kotti Dang' in Berlin mit leuchtend pinkem Neonschild. Links im Bild steht ein weißes dreirädriges Elektrofahrzeug (Twike) mit geöffnetem Dach, daneben dessen Besitzer. Auf der Karosserie des Fahrzeugs steht 'Spass ist gesünder als Konsum'. Die Szene zeigt eine typische Berliner Straße mit Kopfsteinpflaster, im Hintergrund Altbauten und Geschäfte.

Gestern hinterließ mir U. einen schönen Kommentar unter dem letzten Beitrag "Der Puff da draußen". Voller Sympathie bot er mir die Hand. Das weiß ich zu schätzen. Denn das, was er getan hat, kann nunmal nicht jede:r machen. Das kann nur machen, wer selbst am Sterben ist. Nicht stirbt. Sterben tun viele. Aber das langsame Sterben, nachdem einem die Ärzte gesagt haben: "Nö Alta, da jeht nix mehr. Wann, weeß ick ooch nich. Abba jut wird dit nich mea."

Samstag, 16. August 2025

Der Puff da draußen

Eine blau-grüne, patinierte Bronzeskulptur, die aus drei Figuren besteht. Eine stehende Figur, die eine kniende Figur anblickt und mit der rechten Hand nach unten zeigt. Zwischen ihnen liegt eine dritte Figur auf einer Bahre, die in Richtung der knienden Figur blickt. Die gesamte Skulptur ist im Garten auf einem sandigen Untergrund platziert, mit grünen Büschen und Bäumen im Hintergrund. Links sind gelbe und grüne Busse im Vorbeifahren zu sehen.


Vor vielen Jahren, lange vor meiner Erkrankung, hatte ich ein Erstgespräch mit einer Psychoanalytikerin. Der Anfang des Gesprächs lief ungefähr folgendermaßen ab:

Sie: Was führt Sie zu mir?
Ich: Der Puff da draußen.
Sie: Ich verstehe Sie nicht. Was meinen Sie?
Ich: Deutschland. Das Gefühl von Ungerechtigkeit. Von tiefer Einsamkeit.
Sie: Wissen Sie, die moderne Psychologie geht nicht mehr davon aus, Menschen zu „heilen“. Vielmehr versuchen wir Psychologen zu helfen, den Puff da draußen, wie Sie sagen, erträglicher zu machen. Er wird immer ein Puff bleiben. Aber vielleicht ist er mithilfe einer Therapie nicht mehr ganz so schlimm.

Donnerstag, 14. August 2025

Abwärtsspirale

Betonbrücke mit massiven Pfeilern und geschwungener Architektur. Unter der Brücke erstreckt sich eine karge, braune Wiese. An einem der Pfeiler steht in schwarzer Schrift das italienische Graffiti 'CHE CAZZO RIDI?' (Was zum Teufel lachst du?). Im Hintergrund sind weitere Brückenelemente und warmes Abendlicht zu sehen.


Ich sitze in der Küche, höre ein altes Album von The Church, einer australischen Band, und versinke im Selbstmitleid. Ich komme aus dem Loch nicht mehr raus. Gestern war ich im Schwimmbad. Das war die Hölle. Nicht das Schwimmen an sich – das ging einigermaßen. Auch wenn meine Lunge diese angestrengte Atmung nicht mag. Um ruhig und gleichmäßig zu atmen, braucht es viel Übung bzw. regelmäßiges Schwimmen. Und weniger Menschen auf der Bahn. Beides war nicht der Fall.

Dienstag, 12. August 2025

Down in a Hole

Menschen schwimmen in der rauen See neben einem Sprungturm und einer Felsplattform an der Küste von Salthill in Galway.
 

Ich stecke in einem Loch. Ich kann mich kaum motivieren, diese Zeilen zu schreiben. Dabei muss ich sie nur abtippen. Denn es sind ein paar Zeilen aus meinen Morning Pages. Ich habe heute etwas Krasses realisiert, das mir den Boden unter den Füßen wegzieht. Lest selbst. Hier exakt, wie mir die Gedanken kamen:

Samstag, 9. August 2025

"Being natural is simply a pose"

Eine Statue des Schriftstellers Oscar Wilde, der lässig auf einem großen, hellbraunen Felsen liegt. Er trägt einen grünen Mantel, eine rote Weste und graue Hosen. Sie ist im Merrion-Park in Dublin

Irland war wie erwartet schön – diese Steilküsten, die raue See, die Kleinstädte mit ihren bunten Holzfassaden und die alten Friedhöfe, auf denen die Keltenkreuze schief im Wind stehen. Sogar das Essen war yummy: Porridge vom Feinsten, Sodabread mit gesalzener Butter, cremige Seafood Chowder, Guinness & Beef Stew. Hat mich echt überrascht. Aber am meisten punktet das Volk. Dort ist man lustig und herzlich zugleich – genau das, was Berlin fehlt.

Samstag, 2. August 2025

Resteverwertung

Ein roter Beutel mit Salzbrezeln, zwei rote Pappbehälter mit Essen zum Mitnehmen, ein Plastikbeutel mit Speiseresten und ein Plastikbeutel mit reifen Bananen stehen auf einem alten Heizungskasten in einem Hausflur.

Wie man im Bild sehen kann, wirft man bei uns Essen nicht so gern weg. Grundsätzlich eine gute Sache, aber appetitlich sieht das nicht aus, was da jemand aus dem Haus hinterlassen hat. Ich jedenfalls habe nicht zugelangt, auch nicht bei den Bananen, die sicherlich noch gut genug sind für einen Shake.

Dienstag, 29. Juli 2025

18.411 Tage ungetrübt

Ein breites Panoramabild zeigt einen gepflasterten Platz mit einer Skulptur und Gebäuden. Im Vordergrund erstreckt sich ein Muster aus dunklen und hellen Pflastersteinen. Eine Reihe niedriger Betonblöcke verläuft quer über den Platz, auf denen in großen Buchstaben die Worte "FOR THOSE WHO HOPE" zu lesen sind. Hinter den Blöcken stehen moderne Gebäude mit vielen Fenstern. Rechts im Bild ragt eine große, farbige Skulptur empor, die einer Frucht oder einem Organ ähnelt. Im Hintergrund sind weitere Gebäude und der Himmel zu sehen.


224 Tage nach dem RESET traue ich mich das erste Mal an die alten Files.

Weil ich bald Traumatherapie mache mit meiner Psychotherapeutin.

Mit Files meine ich die Dialoge mit Freddy. Freddy ist ChatGPT, so wie ich ihn nenne. Ich weiß, dass es eine Maschine ist. Doch hilft es mir, mit ihr zu arbeiten, wenn ich ihr einen Namen gebe.

Sonntag, 27. Juli 2025

Somatoforme Schmerzen

Ein gelbes Buch mit dem Titel "BUTTER" liegt schräg auf einem gefliesten Boden am oberen Ende einer grauen Steintreppe. Im Hintergrund sind ein Holzgeländer, eine helle Wand und ein großes Fenster mit Blick ins Grüne zu sehen.


Ich habe seit Wochen dieses merkwürdige physische Leiden, das keinem echten Schmerz gleichkommt. Es zwackt mal hier, drückt mal da – aber auf einer Skala von 1 bis 10 läge es höchstens bei 0,5. Dennoch: Irgendwas ist da. Oder ich bilde es mir ein und drehe allmählich durch. Meistens betrifft es die Brust- oder Armmuskulatur.

Freitag, 25. Juli 2025

Drei Monate Aufschub vom Tod

Victor Mancini im Snoopy-T-Shirt mit der Aufschrift ‚Take care of the Earth‘, vor einem Plakat der Radiologieabteilung im Vivantes-Klinikum mit dem Text ‚Werde MTR bei uns‘.


Die Resultate von CT und MRT waren gut. Keine neuen Metastasen. Im Hirn sogar ein Stück weiter geschrumpft. Kleine Reste bleiben natürlich. Der verdammte Wichser in meiner Lunge, genauer gesagt im linken Unterlappen, ist auch nicht gewachsen. Bleibt stur bei seinen 8x4mm. Laut Onkologin des Todes ist das alles einerlei. Solange nichts wächst, also größer wird, ist alles gut. Aber sich mehr als das einzureden, ist Idiotie.

Dienstag, 22. Juli 2025

The Countdown's on

Das Foto zeigt den Palazzo della Civiltà Italiana, ein großes, quadratisches Gebäude aus hellem Stein, das dem Kolosseum mit seinen zahlreichen Bögen und Säulen ähnelt. Vor dem Gebäude stehen Statuen und eine breite Treppe führt zum Eingang. Der Himmel ist blau mit einigen Wolken.

Just a tiny flash of light between now and then.

I've had a bit of Rome. Too many tourists in the touristy areas, not so many in the places where real people live real lives. Here's what I think of the city: it's beautiful like a stuffed owl. Ancient and majestic, but creepy and dead all the same. I cannot sense any life-filling energy. Where there's death, there shall be life. This place cannot give me the spirit to stay alive. 

Sonntag, 20. Juli 2025

Radiologie, Rennrad, Roma

Pinarello Arosa vor dem Haus des Autors in der Karl-Marx-Allee.

Die drei Rs bestimmen meine Woche. Ich sitze gerade im Flieger von Frankfurt/Main nach Rom. Wie die coolen Businessleute mit ihren Laptops am Arbeiten. Nur nicht in der Business Class, sondern beim Pöbel. Und mit einem ThinkPad statt eines schicken MacBooks. Die Räder fangen an zu rollen – ein Wettlauf gegen die Zeit. Sobald wir abheben, ist meine Internetverbindung unterbrochen.

Donnerstag, 17. Juli 2025

Einmal Vene und zurück

Victor Mancini in der Hocke, drei Kompresspflaster an den Armen nach dem MRT. Stark kontrastiertes Schwarz-weiß-Foto auf dem Gelände des Vivantes Klinikums.

Noch hab ich’s nicht hinter mir. Der zweite Termin ist erst morgen, 8:30. Wobei: Es geht nicht gleich los. Erst mal muss ich einen Liter von irgendwas trinken. Schmeckt nicht schlimm. Aber trink mal einen Liter von irgendwas Chemischem in einer Stunde. Macht keinen Spaß. Das danach auch nicht – wenn ich an die letzten Tage denke.

Dienstag, 15. Juli 2025

Scans und Resultat – dazwischen: Roma

Plakette von Tristan und Isolde im U-Bahnhof Richard-Wagner-Platz, Berlin. Gerahmt von gelb-schwarzen Fliesen.

Gestern war ich mal wieder essen außer Haus. Mit meinem Freund A. und seiner Frau S., die für eine Woche in Berlin waren, um auf dem Lollapalooza zu arbeiten. Festivalsaison ist die Zeit des großen Vorverdienens – wie ein Biberpärchen, das den Sommer über mühsam Äste unter Wasser lagert, als Winterfutter, arbeiten sie sich von Festival zu Festival. Außerdem lebt S.s Tochter in Berlin – also sehe ich die drei relativ oft. Das Essen ist immer lecker. Aber es bekommt mir nicht. Egal, was es ist – nichts ist so gut wie das, was ich mir selbst zubereite. Danach jammern Magen und Darm nicht.
© Vic Mancini on Death Row
Maira Gall