Zurück bin ich seit gestern. Aus Spanien. Mein Gepäck erst seit heute. War nicht ganz so schlimm. Hatte zum Glück meinen Rechner und die Medikamente im Rucksack. Ärgerlich war nur, dass der leckere Käse ein wenig matschig geworden ist. Gegessen wird er trotzdem noch. Falls das krebserregend ist, möchte ich kein Wort davon hören.
Die Zeit bei M. war gut. Zu gut, deswegen der Abschied umso schmerzhafter. Wie auch schon im Mai in Italien. Heute spüre ich das Karzinom in der Lunge wieder besonders stark. Aber ich lass mich nicht mehr davon runterziehen. Ich ignoriere das jetzt einfach weg.
Ich mach das jetzt so wie die Schlauberger, die mir vorwerfen, ich sei wehleidig. ALS HÄTTE ICH EINEN SCHNUPFEN, VERDAMMTE SCHEISSE!!! Statt zu jammern und mich einzuigeln, sollte ich das Leben genießen. Ich dachte eigentlich nicht, dass ich mich einigele. Ich reise so viel, wie ich in meinem Leben nicht gereist bin und unternehme so viel ich kann. Ich war in fünf Museen, zweimal im Theater, 4x im Kino und 47x aus in Restaurants. Aber ich bin nunmal Schriftsteller. Die sitzen bekanntlich an der Tastatur und schaufeln Wörter aufs Papier.
Was mir in allem nicht gelingen will, ist, diesen verfickten Krebs zu vergessen. Nicht eine Sekunde. Da hilft saufen nix. Sport machen nicht. Und auch nicht mit Freunden abhängen. Permanent ist er da und wird mich begleiten bis zum Schluss.
Und dass ich alleine bin, dafür kann ich ja wohl jetzt echt nix. Wer mir das vorhält – oder nur im Entferntesten denkt –, dem sag ich an dieser Stelle ein dezentes FUCK OFF! Ihr könnt mich mal. Ich brauch euch und eure gespielte Anteilnahme nicht.
Was wirklich wehtut, ist, wenn sich die nicht melden, die mir besonders nah sind. Die mich im Trott einfach vergessen. Vielleicht bin ich ungerecht. Vielleicht stimmt das alles gar nicht. Aber woher soll ich’s wissen, wenn ich so lange nichts höre, bis ich mich selbst melde?
Mir ist was aufgefallen. Nicht euer Problem. Nicht wirklich.
Als ich die Diagnose erhalten habe und anfing den Blog zu schreiben, haben sich verdammt viele bei mir gemeldet. Überall aus allen Löchern kamen sie gekrochen. Alle waren besorgt. Irgendwann wurde es weniger. Und weniger. Versteht mich nicht falsch - ich habe eh keine Zeit mich zu treffen. Muss arbeiten. Mehr denn je. Denn je besser dieser scheiß Roman wird - und er wird geil, das sag ich euch! - desto mehr muss ich schuften. Fast schon manisch, damit ich zufrieden bin. Und ich bin noch lange nicht zufrieden.
Es gibt die, die beschäftigt sind – mit ihrer Arbeit, den Kindern, ihrer Reise, ihren Beziehungen, der Kunst oder ihrer Fortbildung. Zu beschäftigt, um ein paar Zeilen zu schicken, in denen sie von sich erzählen, damit ich ein kleinwenig an ihrem Leben teilhaben kann.
Aber klar, der Mancini, der ist tougher, als er denkt. Der nippelt uns schon nicht so schnell ab. Aber jetzt isses auch schon wieder ne Weile her, dass ich mich bei ihm gemeldet hab. Den Blog, ja den hab ich ganz vergessen. Fuck, wie geht's ihm denn eigentlich.
Ich weiß, ich bin ungerecht. Aber so ist das, wenn man nicht vergessen kann, was mit einem passiert. Ihr könnt's einfach mal vergessen. Für 'ne Woche oder einen Tag. Oder wenigstens für eine Stunde. Darum beneide ich euch. Und dafür hasse ich euch.
Es ist verdammt einsam geworden hier. Auf Station schleichender Tod. Denn das ist es, was gerade wirklich passiert. Ganz langsam zermürbt er mich.
V for Vendetta M.
Hab Dich vor kurzem erst "entdeckt". Weiß also nicht, was ich tun oder sagen könnte, damit es auch für einen Augenblick nicht ganz so scheiße anfühlt. Vielleicht ist es falsch. Vielleicht fühlt es sich auch nur so an. Aber dieses Keine Ahnung haben und darüber zu sprechen, erzeugt vielleicht die Sekunde Ablenkung, die es braucht. Vielleicht bin ich auch nur ein Trottel. Dann hau mir aufs Maul, wenn es dir dadurch besser geht. Passt für mich.
AntwortenLöschenWill dich nur wissen lassen: bist nicht allein.
Danke!
LöschenHallo Giancarlo, ich habe gerade erst deinen Blog entdeckt, ich muss dir Recht geben. Wenn man eine unheilbare Diagnose bekommt ,zieht es einem den Boden unter den Füßen weg. In meiner Familie gibt es zur Zeit auch zwei Angehörige, die tagtäglich gegen ihren unheilbaren Krebs kämpfen. Und ich muss dir auch Recht geben, dass viele erst erschütternd Anteilnahme nehmen und sich dann doch immer mehr zurückziehen. Oft passiert das aus Unsicherheit und dem Gefühl nicht helfen zu können…. Was sage ich ihm/ ihr , verletzt es ihn/sie, vielleicht macht es ihn/sie traurig. Es ist falsche Rücksichtnahme und das Unvermögen, sich in die erkrankte Person hineinversetzen zu können. Hader nicht mit deinen Freunden oder der Familie, sondern gehe du auf sie zu, auch wenn das viel Kraft kostet.
AntwortenLöschenIch finde es richtig richtig gut, dass du diesen Blog schreibst und somit auf diese Probleme hinweist und sogar Fremde, die zufällig auf deinen Blog stossen, an deinem Leben und deinen Gedanken teilhaben lässt. Ich wünsche dir ganz viel Kraft und Zeit, all deine Projekte fertig zu stellen und vielleicht auch ein kleines Wunder, dass es möglich ist, deinen Kampf gegen diesen verdammten Krebs zu gewinnen.
Herzliche Grüße
Jutta
Liebe Jutta. Danke für deine sympathischen Worte. Ich werde euch weiter meine Gedanken und Gefühle mitteilen, nur an Wunder kann ich nicht glauben.
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