Sonntag, 30. März 2025

Apixaban

Behandlungszimmer in der Rettungsstelle im Vivantes, Berlin-Friedrichsahain

Treffen sich drei Freunde abends in der Kneipe.

Fragt der eine: „Und, was habt ihr am Wochenende gemacht?“

Sagt der andere: „Ich war mit meiner Frau und den Kindern im Wald spazieren, danach gab’s Eis. Und du?“

„Ich war mit meiner Freundin übers Wochenende im Thüringer Wald. Hab mir ’ne neue SLR gekauft. Wollte ich ausprobieren. Und du?“ Dabei schaut er abwechselnd vom Blähbauch in die Pickelfresse und zurück.

Mittwoch, 26. März 2025

Merkwürdig

Victor Mancini bei einer Verköstigung im Michelin-Restaurant Salita in Valencia

Mist! Fuck! Verdammte Scheiße! Es ist doch passiert, was ich unbedingt vermeiden wollte. 98 Tage nach meiner Diagnose habe ich mich erkältet. Wahrscheinlich im Flugzeug angesteckt, wer weiß. Ob es zum Tod führen wird? Kann sein. Gilt jetzt abzuwarten. Mir geht's nicht gut, aber ich habe kein Fieber. Solange ich kein Fieber habe, mache ich die Pferde nicht scheu und fliege erst wie geplant morgen zurück.

Sonntag, 23. März 2025

Übersättigt!

Große Paellapfanne in Valencia, gefüllt mit Reis, Garnelen, Calamar und anderem Fisch

Gambas, atún, pimientos de Padrón,
Bravas, tortilla y arroces de montón.

Calamar hasta la muerte,
Un día me basta, no quiero ser tragón.

Samstag, 22. März 2025

Der Nachtisch war das Beste!

Torrija - typischer spanischer Nachtisch in Valencia, eine Art "Armer Ritter"

Ich liege im Bett in Valencia und huste. Und habe Angst deswegen. Seit ein paar Tagen zicken meine Bronchien immer mehr. Sie jammern und beschweren sich – ich weiß nicht, ob wegen der korrumpierten Zellen oder einer nahenden Erkältung. Wie soll man sowas wissen? Bin ja kein Mediziner. Der nächste Termin bei meinen Moiren, Klotho und Lachesis, den Wächterinnen über Leben und Tod, ist erst am Freitag – also am Tag nach meiner Rückkehr. Bis dahin muss ich durchhalten.

Donnerstag, 20. März 2025

Auch wenn ich nichts produziere

Spiegelinstallation im Futurium als Sinnbild für Big Data und digitale Vernetzung.

In der psychoonkologischen Beratungsstelle der Berliner Krebsgesellschaft hatte ich gestern einen Termin. Mit einer Frau F. Nett war sie und äußerst kompetent – zumindest hatte ich den Eindruck. Das Gespräch gefiel mir. Wir redeten über dies und das: über meine Situation, darüber, was meinen Seelenfrieden ins Wanken gebracht hat, und darüber, was mir hilft, emotional zu überleben.

Dienstag, 18. März 2025

Nachklapp

Vater des Autors nach Hirnoperation, im Restaurant Zur Scheune, mit hilflosem Blick auf seinen Teller

„Siediti“ (Setz dich), sage ich und helfe ihm auf den Stuhl.

„Non può mangiare. Deve essere digiuno per gli analisi del sangue! Solo bere, acqua o caffè, ma senza zucchero“ (Er darf nichts essen. Er muss nüchtern bleiben für die Blutuntersuchung! Nur trinken, Wasser oder Kaffee, aber ohne Zucker), ruft meine Mutter aus dem Bad.

Montag, 17. März 2025

Woodys Flixtrain-Neurotiker

 

Innenraum eines Flixtrains während der Fahrt von Frankfurt nach Berlin

Ich sitze im Flixtrain nach Berlin. Ich mochte den Flixtrain immer. Denn er ist billig. So billig, dass ihn vorzugsweise junge Menschen und Leute ohne Geld nehmen. Das macht ihn zur U-Bahn unter den Fernzügen, falls ihr versteht, was ich meine. Man trifft hier allerlei an. Das finde ich besser als die Geschäftsleute und Bahncard-Träger im ICE, die ihr Spießbürgertum mit sich führen.

Sonntag, 16. März 2025

Wilted, withered, faded …

Autor mit seinen Eltern vor einer historischen Ölförderanlage im Naturschutzgebiet Kühkopf-Knoblochsaue

…maybe not the right words, but the first that come to mind. It’s not like we’ve ever really talked about things that mattered, but still—seeing him like this feels weird. I’m talking about my father—you might have guessed. I’ve been with my family for three days again, since my mom turned 80 yesterday. She doesn’t look it—especially compared to others her age. And considering everything she’s been through, physically and mentally, with my father’s illness and mine, she seems kind of invincible. The birthday dinner was low-key, which was nice. Good food and no distant relatives to make things awkward.

Donnerstag, 13. März 2025

Déjà-vu

Autor mit Zugang im Arm im Vivantes Klinikum Friedrichshain (Verdacht auf Thrombose)

Heute gibt es keinen strukturierten Beitrag. In meinem Kopf herrscht Chaos. Deswegen bekommt ihr alles so, wie es mir in den Sinn kommt. Heute ging der Blog für eine Weile nicht. Mein Freund E. hat endlich meine Domain gekauft. Nun findet ihr den Blog auch unter victormancini.de. Da gibt's dann auch Links zu all meinem anderen kreativen Output. Geduld, Geduld, Leute.

Dienstag, 11. März 2025

Es lohnt sich immer

ZERREISSPROBE – Text an der Wand in der Nationalgalerie, Berlin

Die letzten Tage waren schön. Aber auch anstrengend. Zu anstrengend, sodass sich meine Lunge gestern Abend mit Drohgebärden beschwerte. Ich bin leider nicht besonders clever, kann nicht akzeptieren, dass an einem Tag nicht mehr so viel geht wie früher. Die Quitting kam, als ich mit Atemnot und brennenden Bronchien auf der Couch lag. Ich hatte solche Angst, dass ich ein paar Zeilen hinterließ, ehe ich schlafen ging, weil ich nicht mehr damit rechnete aufzuwachen. Heute morgen war es dann wieder ein wenig besser, aber noch lange nicht wieder gut. Ich kam mir lächerlich vor, als ich die Zeilen las, die ich geschrieben hatte. Wie ein Kind, das sich unnötig vor der Dunkelheit fürchtet.

Sonntag, 9. März 2025

Mayflies

Buchcover von Andrew O'Hagans Mayflies, abfotografiert vor einer Pinnwand mit allerlei Notizen und Kram.

In den letzten Wochen habe ich ein Buch für den Buchclub gelesen, dem ich seit Jahren angehöre. Soweit ich weiß, hat er keinen Namen. Wir sind zu siebt, ich der einzige Mann. Hat mich nie gestört, aber manchmal frage ich mich, ob es sie stört. Keine von ihnen hat mich je spüren lassen, nicht willkommen zu sein. Daher bin ich geblieben.

Freitag, 7. März 2025

Misère et Corsaire

Topf, Flasche Wein und die Medikamente des Autors auf seinem Küchentisch

Ich bin frustriert. Alles nervt. Mein Bauch, meine Haut, mein Leben.

Bauch: Die Methanmelone unter meinem T-Shirt bleibt stur, egal wie viel Lexaf ich kaue. Da keucht und qualmt es wie aus einer verstopften Blubberhookah. So viel zur Fitness. Jahrelang laufen gewesen – für die Katz.

Mittwoch, 5. März 2025

Verzögerte Realität

Wie so oft beginne ich meinen Blog mit gestern. Das ergibt Sinn, weil ich euch von dem erzählen möchte, was mich gerade beschäftigt auf meiner Reise zum Tod. So auch heute wieder. Vielleicht könnt ihr speziell an diesem Eintrag sehen, wie es in mir in Wellen auf und ab geht. Fast wie bipolar. Wenn ich wüsste, wie sich das anfühlt.

Montag, 3. März 2025

Ralf M. und das Erbe der Josefine Mutzenbacher

Ich war dabei, meinen Antrag auf Bürgergeld auszufüllen und die Dokumente zusammenzusuchen. Genervt von der schieren Menge rief ich beim Jobcenter an. Die Nummer hatte man mir am Tag der Identitätsbestimmung gegeben. Durch die Warteschleife landete ich bei Ralf M. Eine Nummer für sich dieser Mitarbeiter. Als ich ihm erklärte, dass ich den Bürgergeldantrag nur ausfülle, um abgelehnt zu werden, um schließlich zur Grundsicherung zu gelangen, tat er so, als wüsste er sofort Bescheid. Dann fragte er trotzdem erstmal nach meinem Geburtsdatum. Damit er verstand, erwähnte ich meinen Lungenkrebs.

Sonntag, 2. März 2025

A Waste of Time

Brief vom Jobcenter an den Autor, der zur Übersendung bestimmter Dokumente aufgefordert wird

Guten Morgen!

Es ist Sonntag und ich bin frustriert. War ich früher auch schon, weil ich mir an diesem Tag immer besonders meiner Einsamkeit bewusst werde. Seit meinem Reset hat sich die Qualität der Einsamkeit jedoch verändert. Wie genau, begreife ich selbst nicht, kann ich nicht erklären. Was ich begreife und erklären kann, ist die gefühlte Zeitverschwendung, die ich jeden Tag empfinde.

© Vic Mancini on Death Row
Maira Gall