Manchmal ist alles gut, wenn die richtigen Freunde dabei sind

 

Lora Zepam ist meine neue Freundin. Sie setzt da an, wo ich mir sonst nicht mehr anders zu helfen weiß. Und das Bizzeln in den Zähnen, diese Mini-Elektroschocks beim Zusammenbeißen, hört auf. Easy as that. Eine Tablette und der ganze Scheiß hat ein Ende. Ich habe keine Kraft mehr gegen die potentesten Nebenwirkungen anzukämpfen. Wozu auch? Es geht ja sowieso nur noch darum, mein Leben zu verlängern. Währenddessen versuche ich einigermaßen zu genießen.

Seit Dienstag bin ich im Nordwesten Italiens. Um genauer zu sein, in Biella, einer Kleinstadt in den Alpenausläufern. Ich bin hier bei Freunden. Mir geht's gut. Ich habe eine recht ordentliche Wanderung nach Oropa gemacht, einem Wallfahrtsort für Pilger. Ich liebe es zu diesem Ort zu wandern. Schon früher bin ich oft dort gewesen. Die Kulisse überwältigt mich jedes Mal. Vor vielen Jahren zum ersten Mal, dann immer wieder, einmal sogar mit E.

Ich habe körperlich durchgehalten, aber es waren auch nur wenige Höhenmeter. Wenn es zu steil wird und ich es rücksichtslos durchziehe, streikt meine Lunge. Wie sich das äußert? Sie schmerzt dann den Rest des Tages und jagt mir Angst ein, sodass ich denke, es würde sich nicht mehr legen. Passiert auch nach Radfahrten in der Kälte. Oder wenn ich zu viele Treppen am Stück nehme.

Ich war bei einer Ausstellung. Sie gefiel mir nicht besonders, aber ich war mit meinen Freunden da. Dann ist alles gut, egal was ich tue. Dennoch ist es enttäuschend, wenn die Ausstellung nicht so gut ist, wie ich mir erhoffte. Sie war meines Erachtens furchtbar kuratiert, weil keine erkennbare Ordnung in der Hängung war. Es gab keinen narrativen Leitfaden. Ich spreche übrigens von Steve McCurry - Uplands&Icons. Die Bilder sind mir zu bombastisch - sie wirken zu stark bearbeitet, zu künstlich, weil extrem farbenfroh (wobei ich nicht nachgeschlagen habe, ob sie tatsächlich nachbearbeitet worden sind). Die Bildgewalt kommt auch aus der Perspektive - ich fühle in jedem Bild den Blick des reichen Amerikaners. Das mag nur mein Gefühl sein, aber ich wollte es euch gerne mitteilen. Vielleicht denkt ihr anders, falls ihr seine Fotografien kennt und hinterlasst mir einen Kommentar.

Pizza und Bier in der Brauerei Menabrea kann ich hingegen wärmstens empfehlen. Ein gemütlicher Ort mit leckerem Essen zu Preisen, die man in Berlin leider kaum noch vorfindet.

Morgen steigt das große Fest. Ich freue mich ein wenig und bin mindestens genauso besorgt, dass mir der Trubel zu viel wird. Doch meine Freunde sind da und meine neue Freundin Lora Z. Manchmal ist alles gut, wenn man die richtigen Freunde hat.

Victor Alpenheini

P.S. Noch etwas Seltsames zum Schluss: Befremdlich ist die Masse an italienischen Flaggen hier. Noch nie sind mir so viele begegnet. Grund dafür sind die Feierlichkeiten der 96. Adunata degli Alpini (ein jährliches Treffen der italienischen Gebirgsjäger-Veteranen), die dieses Jahr in Biella stattfinden.