Mittwoch, 29. Oktober 2025

Home Sweet Home

Großer, achteckiger Lesesaal (La Trobe Reading Room) der State Library Victoria in Melbourne. Der Raum wird von einer großen Glaskuppel erhellt und ist von mehreren Stockwerken mit Balustraden und Bücherregalen umgeben. Im Zentrum stehen alte Holzschreibtische mit grünen Leselampen und einem großen, zentralen Lesepult in der Mitte.
 

Ich bin da. Nach siebzehn Jahren wieder in Australien. Melbourne – oh du, meine Schöne. Die beste Stadt der Welt. Ich kann es noch nicht glauben. Gestern bin ich zum ersten Mal losgezogen, mit der Bahn von Reservoir zur Flinders Street Station, in den CBD, den Stadtkern von Melbourne.

Dort wartete meine ehemalige Schülerin und gute Freundin L. auf mich. Wir waren den ganzen Tag unterwegs und haben gefühlt kaum etwas gesehen. Um die Stadt wirklich zu erfassen, mit all ihren kleinen Gassen im Grid, dem rechteckig angelegten Raster, braucht man Wochen, vielleicht Monate. Und selbst dann hat man die schönen Stadtteile rund um das Zentrum noch nicht gesehen. Das Besondere an der Architektur ist das Nebeneinander, Ineinander, Miteinander neuester Gebäude und solcher aus dem neunzehnten und frühen zwanzigsten Jahrhundert. Da steht eine alte anglikanische Kirche in der Nische eines Wolkenkratzers, oder das Forum, ein Gebäude im eklektischen Stil, das griechische und römische Elemente wahllos mischt. In den kleinen Gassen dazwischen reiht sich ein Essladen an den nächsten: asiatische Leckereien, Gebäck der verrücktesten Art, wohin man sieht. So viel Vielfalt habe ich noch nie erlebt. Verrückteres vielleicht in Tokio, aber die Vielfalt kommt der von London am nächsten. In Berlin hat man nicht mal ein Zehntel davon.

Chinatown, alte Theater, Kinos, Museen, Bibliotheken. Kaum ist man aus dem Gewusel aus Stahl, Glas und Beton raus, zwitschern und kreischen Papageien in den Bäumen der Parks. Die Stadt ist grün, lebendig und voller Kultur. Sonnenschein, Wind, Regen – alles an einem Tag. Four seasons in a day, sagt man hier. Aber gestern hatte ich wunderbares Wetter.

So viel für einen Tag. Ich wünsche euch so viel gute Laune, wie ich sie aus dem Frühling nach Europa schicken kann.

Victor Mancini

P.S. Ich habe es geschafft, meine Krankheit stundenlang zu vergessen.

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© Vic Mancini on Death Row
Maira Gall