„Alone“, Oropa 2019. Fotografie von Marco Canova (Premio Biellese). Foto aufgenommen während der Ausstellung, Mai 2025. Eine Freundin schreibt mir, sie sei neidisch darauf, dass ich bald abdanken könne.
Eine Ex-Kollegin möchte sich mit mir über ihre zukünftige Stelle unterhalten, jetzt, wo ich nicht mehr unterrichten kann – was ich wirklich vermisse. Aber ich wiederhole mich.
Ein Freund hat keinen mentalen Platz mehr für mich. Er schreibt mir solche Nachrichten: "Hey much have leider Plane" und versteht nicht, warum es mich enttäuscht, dass er keine zehn Sekunden mehr für mich zu haben scheint, eine ordentliche Nachricht zu schicken. Die Begründung? Die Autokorrektur seines Iphones. Weil Englisch per default eingestellt ist. So fucking what? Ich habe drei languages eingestellt. Mir passiert das nie.
Warum hat er keine Zeit bzw. mentalen Platz mehr für mich? Weil er immer und ständig über Businessideen nachdenken muss, sogar nachts. Und dann erzählt er mir davon. Drei Stunden lang. Nicht nur, dass ich die Ideen langweilig finde. Es tut mir leid mitanzusehen, wie jemand sich selbst so abfuckt und das nicht mal merkt. Ich habe den Fehler gemacht, ihn darauf aufmerksam zu machen. Die Reaktion war ähnlich der meines Bruders gestern.
Eine Freundin ruft mich drei Tage nach meinem Anruf zurück, obwohl sie noch vor zwei Monaten sehr darauf bedacht war, dass sich immer jemand um mich kümmert.
Ich brauche keinen Babysitter. Ich wünsche mir Freunde, die mich nicht zusätzlich belasten. Ich höre mir gerne Geschichten von Familie, Arbeit, Beziehungen, Politik, Philosophie, Psychologie, Kunst und Kultur im Allgemeinen an.
Aber ich bin kein Punchingball, kein Frustablader und keine Projektionsfläche für Zukunftsträume und -ideen, die mir allzu deutlich vor Augen führen, wie begrenzt mein Leben ist.
Ein wenig Sensibilität wäre wünschenswert.
Ein kleinwenig.
Und die Einsamkeit bleibt.
Edward Mancini-Scissorhands